Gedenkstätte
Entstehung einer Gedenkstätte für die jüdische Geschichte
Die „Begegnungsstätte Alte Synagoge“ wurde 1994 als Ort des Gedenkens und des Lernens im Zentrum Wuppertal-Elberfelds eröffnet – genau an der Stelle, an der bis zur „Reichskristallnacht“ am 10. November 1938 die Synagoge stand.
Entstehung
In den 1980er Jahren war von verschiedenen Seiten eine würdigere Gestaltung des Ortes gefordert worden. Aber erst 1994 konnte das architektonisch und städtebaulich herausragende Gebäude eingeweiht werden (Architektenbüro Busmann & Haberer).
Antwort auf Zerstörung und Lärm und überhaupt das viele Ungelöste
Den Grundriss der zerstörten Synagoge bezeichnen graue Granitsteinplatten. Darunter befinden sich noch Reste der alten Fundamente. Nur an der nördlichen Seite ist heute die freigelegte Ruine einer der Grundmauern zu sehen, die als „Mahnmal“ an die nationalsozialistische Judenverfolgung erinnert. Als „Antwort auf Zerstörung und Lärm und überhaupt das viele Ungelöste“ (Peter Busmann) schließt sich ein Garten mit zehn Apfelbäumen und einem künstlichen Wasserlauf in der Mitte an – ein „unbetretbarer Ort“.
Geschichte der Juden
Die Anfänge der jüdischen Geschichte im Bergischen Land
Über Jahrhunderte hinweg war es für Juden nahezu unmöglich, sich in unserer Gegend dauerhaft niederzulassen. Erst mit der neuen Freizügigkeit durch die „französische Zeit“ nach 1800 kam die Niederlassung für Juden auch in den Städten in Frage. Überall, wo Juden wohnen wollten, bemühten sie sich bald um einen Raum für den gemeinsamen Gottesdienst – am Anfang oft nur ein Zimmer, das ein Gemeindemitglied zur Verfügung stellte. Manche Gemeinden konnten aber auch ein Bethaus einrichten, und zuweilen gelang es sogar, eine große Synagoge zu bauen. Die Synagogen in der Region:
Langenberg | 1802 |
Schwelm | 1819 |
Elberfeld | 1865 |
Solingen | 1872 |
Barmen | 1897 |
Unerlässlich schienen vielen Juden auch die Unterhaltung einer jüdischen Schule und die Anstellung eines Lehrers. Eine Mikwe, ein jüdisches Ritualbad, hat es offensichtlich nur in Solingen und Mettmann gegeben. Aber in allen Gemeinden, und waren sie noch so klein, wurde sehr bald ein Grundstück für den Friedhof erworben. Da jüdische Grabstätten in der Regel nicht aufgelassen werden, existieren bis heute Grabsteine, die über die ersten Juden unserer Region Auskunft geben.
Mit der Industrialisierung der Wupperstädte und dem Eisenbahnanschluss in der Mitte des 19. Jahrhunderts erfuhr die Zuwanderung der Juden einen enormen Schub, wie die folgende Tabelle zeigt:
Jahr | Elberfeld gesamt | davon Juden | Barmen gesamt | davon Juden |
---|---|---|---|---|
1810 | 18.783 | 87 | 16.289 | 10 |
1871 | 71.384 | 626 | 74.449 | 143 |
1910 | 170.195 | 1.918 | 169.214 | 643 |
1925 | 167.025 | 2.335 | 187.239 | 721 |
Die Juden im Ersten Weltkrieg
Ihr sozialer Aufstieg und wirtschaftlicher Erfolg im Kaiserreich schienen die gesellschaftliche Integration der Juden vor dem Ersten Weltkrieg gesichert zu haben. Die meisten der deutschen Juden waren zuversichtlich und zufrieden. Sie fühlten sich als integrierte Angehörige einer jungen deutschen Nation und waren, als der Krieg ausbrach, zu jedem Opfer bereit.
Ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben
428 Elberfelder Juden waren deutsche Soldaten des Ersten Weltkriegs, 54 von ihnen fielen. Aus Barmen wurden 41 jüdische Männer eingezogen, von denen neun starben. „Ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben“, steht auf dem Grabstein des gefallenen jungen Ernst Block auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg. In der Tat empfanden es die jüdischen Familien als „Ehre“, sich durch Kriegsbegeisterung und Kriegsbeteiligung für das Vaterland einzusetzen. Im „Israelitischen Familienblatt“ vor allem der Jahre 1915 und 1916 finden sich zahllose stolze Anzeigen über die Auszeichnungen der jüdischen Soldaten. Zehn der heimgekehrten jüdischen Soldaten aus Elberfeld waren zu Offizieren befördert worden, 115 trugen das Eiserne Kreuz Zweiter Klasse, vier das Eiserne Kreuz Erster Klasse.
Im Verlauf des Krieges schlug die Stimmung, die Juden und Christen anfangs noch in einer gemeinsamen Euphorie geeint hatte, um. Spätestens beim Ausbleiben eines schnellen Sieges und mit der Aussicht auf Ernährungsnotstand und Wirtschaftskrise wurden die Juden erneut zum Opfer massiver antisemitischer Vorwürfe. Sie wurden für die militärischen Rückschläge verantwortlich gemacht und als Pazifisten, „Drückeberger“ und Profiteure angeprangert. Um diese ungeheuerliche Behauptung zu beweisen und propagandistisch zu verbreiten, wurde 1916 eine für die jüdischen Soldaten demütigende „Judenzählung“ durchgeführt. Das Ergebnis strafte die Propagandisten allerdings Lügen und konnte daher nicht veröffentlicht werden: Von etwa 550.000 deutschen Juden waren 100.000 im Krieg. Vier Fünftel dienten an der Front, mindestens 12.000 fielen im Kampf. Von der behaupteten Unterrepräsentation konnte bei diesen Zahlenverhältnissen keine Rede sein.
Die Namen der jüdischen Gefallenen aus dem Wuppertal wurden auf Gedenktafeln in den beiden Synagogen, die der Toten aus Solingen auf einem Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof am Estherweg angebracht.
Nationalsozialistische Judenverfolgung
• Machtübernahme
Mit der zunehmenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, dem Argwohn gegen die junge Demokratie der „Weimarer Republik“ und dem Erstarken politischer radikaler Kräfte wuchsen erneut antijüdische Ressentiments am Ende der 1920er Jahre. Nachdem das Verbot der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) 1925 aufgehoben war, konnten ihre Mitglieder schnell überall wieder Fuß fassen. In demagogischen Kundgebungen und Versammlungen verkündigten die radikalen Redner Erlösung von den Problemen und verteufelten stets die Juden als Verursacher der Krise. Die aufgeheizte Stimmung entlud sich auch auf der Straße: Immer wieder kam es zu Gewalt zwischen Rechten und Linken. Der alltägliche Terror schüchterte viele Bürger ein. Hinzu kam ein Antisemitismus, der seit dem Ersten Weltkrieg nie ganz verschwunden war: Den Juden wurde mit der „Dolchstoßlegende“ immer noch die „Schmach“ der deutschen Niederlage zur Last gelegt. Letztlich waren es viele verschiedene Faktoren, die zum Wahlsieg der Nationalsozialisten im Januar 1933 führen sollten.
Der Antisemitismus bildete den Kern und die stärkste Triebfeder der nationalsozialistischen Ideologie. Bald nach der Machtübernahme am 30. Januar 1933 äußerte sich die Judenfeindschaft in offener Gewalt. Mit der „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933 und dem „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“, dem so genannten Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933, setzte die neue Regierung die Weimarer Verfassung de facto außer Kraft. Straßenterror und wilde Verhaftungsaktionen sollten die politischen Gegner – Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Kommunisten – ausschalten. Auch der damals wegen seines Engagements stadtbekannte Wuppertaler Reichsbanner-Angehörige Oswald Laufer, der aus einer jüdischen Familie stammte, wurde in so genannte „Schutzhaft“ genommen. Sofort nach seiner Entlassung am 7. März 1933 erschossen ihn fünf SA-Männer auf offener Straße vor seinem Elternhaus in der Elberfelder Wilhelmstraße.
Fanatischer Antisemitismus und Habgier waren die Gründe für die Diskriminierung, Vertreibung und Ermordung der Juden in Europa. Seit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler bildeten die „gleichgeschaltete“ Verwaltung, die NSDAP und die einzelnen Berufsgruppen einen Verfolgungsapparat, der mit rund 2.000 antijüdischen Gesetzen, Erlassen, Richtlinien und Verordnungen vermeintliche Rechtsgrundlagen für sein menschenunwürdiges Handeln schuf. Nie mussten die Täter, Mitläufer, Zuschauer und Nachbarn ein schlechtes Gewissen haben, denn immer konnten sie sich auf „Recht und Gesetz“ berufen. Nur wenige Menschen erkannten den Unrechtscharakter des NS-Staates und versuchten, ihren jüdischen Bekannten zu helfen.
• Jüdischer Alltag im Nationalsozialismus, Erinnerungen aus den Familienalben
Nach 1933 wurden jüdische Jugendliche aus dem allgemeinen Vereinsleben ausgeschlossen. Sie mussten deshalb Alternativen für ihre Freizeitgestaltung finden, und so stieß die Idee, eigene jüdische Sportvereine zu gründen, auf großes Echo.
Auch aus dem öffentlichen Kulturleben wurden Juden ausgeschlossen. Daraufhin gründeten sie den „Jüdischen Kulturbund“, der jüdischen Künstlern Arbeit gab und dem jüdischen Publikum Theater- und Opernabende, Lesungen und Vorträge, Kabarett und Konzerte ermöglichte. Auch in Wuppertal wurden solche kulturellen Abende veranstaltet, z.B. eine Lesung mit jüdischen Dichtungen, Carlo Goldonis Lustspiel „Mirandolina“, ein Vortrag über den Maler Max Liebermann oder ein Konzert mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy, Frédéric Chopin und Tomaso Vitali. Die Programmgestaltung des Kulturbunds musste die staatliche Zensur passieren: Für Juden verboten war die ganze so genannte „deutsche“ Kunst, Literatur und Musik. Dazu zählten die Klassiker Goethe, Schiller und Lessing, später auch Beethoven, Mozart und Händel.
Jüdische Kinder und Jugendliche in Wuppertal und den Nachbarstädten besuchten dieselben Schulen wie andere auch. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zeigte sich, wer wirklich ein Freund oder eine Freundin war, denn die jüdischen Schüler und Schülerinnen waren in vielen Fällen plötzlich weitgehend schutzlos einer ablehnenden und ausgrenzenden Behandlung durch Lehrer und Mitschüler ausgesetzt. Ohne dass ihre Eltern ihnen hätten helfen können, mussten sie Diskriminierung erdulden, die sich auch im Lehrplan und bei Schulfeiern niederschlug. Nur wenige erfuhren durch Klassenkameraden und Lehrer Unterstützung und Solidarität. Am 15. November 1938 wurde der Schulbesuch an öffentlichen Schulen für Juden verboten.
• Wirtschaftliche Existenzvernichtung und erzwungene Emigration
Mit dem Boykott jüdischer Geschäfte, Anwaltskanzleien und Arztpraxen am 1. April 1933 machte die neue Regierung klar, dass sie die jüdische Bevölkerung nicht nur isolieren und vertreiben wollte. Der Staat wollte sich zuvor an ihr bereichern. Mit der gesetzlich betriebenen „Arisierung“ vor allem nach der „Reichskristallnacht“ 1938 wurden jüdische Unternehmer gezwungen, ihre Betriebe meistens völlig unter Wert an „arische“ Interessenten zu veräußern. Sie verloren dadurch ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage und mussten, wenn sie überleben wollten, auswandern und einen Neuanfang wagen. Wem das nicht mehr gelang, verarmte schnell und wurde in der Regel ein Opfer der Deportationen.
Schon 1933 war es zu einer ersten größeren Fluchtwelle gekommen. Zehntausende deutsche Juden verließen ihre Heimat und versuchten, in einem der Nachbarländer neu Fuß zu fassen. Auch die „Nürnberger Rassegesetze“ vom September 1935, die den Juden die deutsche Staatsbürgerschaft absprachen und sie sozial und wirtschaftlich isolieren sollten, drängten Juden in hoher Zahl zur Flucht. Mit der „Reichskristallnacht“ brach Panik aus, und verzweifelt versuchten nun wiederum sehr viele Juden in Deutschland und in dem mittlerweile „angeschlossenen“ Österreich einen Ausweg. Das war aber durch die überwiegend ablehnende Haltung der verschiedenen in Frage kommenden Länder immer schwieriger und wurde mit dem Kriegsbeginn am 1. September 1939 fast unmöglich. Mit dem Verbot der Auswanderung aus Deutschland und den besetzten Gebieten im Oktober 1941 schlug die Politik der Vertreibung in eine Politik der Vernichtung um: Zur selben Zeit fuhren die ersten Todeszüge mit Tausenden von Juden zu den Ghettos und Konzentrationslagern in Osteuropa. Rund zwei Dritteln der ursprünglich 500.000 deutschen Juden war es gelungen, rechtzeitig in das rettende Ausland zu gelangen.
• Deportationen und Ermordung
Am 23. Oktober 1941 war den Juden in praktisch ganz Europa die Auswanderung in ein sicheres Land verboten worden. Sie waren gefangen im Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten und ihrer Verbündeten. Schon wenige Tage später, am 26. Oktober, hatten sich auf Befehl der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) aus Wuppertal 159, aus Solingen 17 und aus Remscheid 24 Juden, zusammen also 200 Menschen, am Bahnhof Steinbeck einzufinden. Darunter waren 46 Familien und insgesamt sieben Kinder unter sechs Jahren. In Personenzügen wurden sie zunächst nach Düsseldorf-Derendorf auf das Schlachthofgelände gebracht, wo sie eine Nacht verbringen mussten. Am nächsten Morgen fuhr ein großer Transportzug mit 1.003 Juden aus dem gesamten Rheinland in die ehemals polnische Stadt Łódź, die nach der Besetzung Polens in „Litzmannstadt“ umbenannt worden war. Von dem Transport aus Wuppertal überlebte niemand: Die meisten Menschen wurden in den Vernichtungslagern Chelmno oder Auschwitz ermordet oder kamen im Ghetto um.
Drei Wochen später, am 10. November 1941, mussten sich erneut 266 Menschen am Bahnhof einfinden: 244 aus Wuppertal, zwölf aus Remscheid, neun aus Velbert und eine Frau aus Wülfrath. Das Ziel war das Ghetto der weißrussischen Stadt Minsk. Im Winter setzten die Deportationen einige Monate aus. Aber am 21. April 1942 ging ein weiterer Transport von Wuppertal, dieses Mal mit 64 Personen in das polnische Städtchen Izbica: 60 aus Wuppertal und je eine aus Remscheid, Neviges, Velbert und Hattingen. Auch von ihnen überlebte niemand. Der vorläufig letzte Transport vom Bahnhof Steinbeck führte am 20. Juli 1942 in das Ghetto von Theresienstadt. 271 Menschen waren betroffen, überwiegend ältere: 247 aus Wuppertal, 14 aus Remscheid, sieben aus Solingen und je einer aus Velbert, Neviges und Heiligenhaus. Einige von ihnen nahmen sich vor der Deportation noch in Wuppertal das Leben, andere starben auf der Fahrt oder kurze Zeit später im Ghetto. Die meisten wurden in den Vernichtungslagern Treblinka oder Auschwitz vergast. Nur sieben Menschen haben dieses Ghetto überlebt. In Schwelm lebten zum Zeitpunkt der Deportationen nur noch drei Juden. Sie wurden am 29. Juli 1942 von Dortmund aus nach Theresienstadt verschleppt, keiner von ihnen überlebte.
Die Jüdische Kultusgemeinde Wuppertal
nach dem Ende des Krieges
Wie sollten und konnten Juden nach dem Ende des Krieges leben in einer Gesellschaft, aus der man kurz zuvor noch ausgeschlossen worden war? Niemand wollte je ein Nazi oder ein Anhänger der nationalsozialistischen Politik gewesen sein. Und niemand hatte natürlich jemals etwas persönlich gegen Juden gehabt... Dieser Zwiespalt gehört zu den ersten Erfahrungen der jüdischen Überlebenden im Nachkriegsdeutschland und hat auch den schwierigen Neuaufbau der jüdischen Gemeinde in Wuppertal über viele Jahre geprägt.
Unmittelbar greifbar und anschaulich wird dies in den überlieferten Erinnerungen derjenigen, die sich trotz Verfolgung, Demütigung und schlimmster Erlebnisse für einen Neuanfang im Land der Täter entschieden hatten und damals zu den ersten Mitgliedern der neu entstandenen Jüdischen Kultusgemeine Wuppertal zählten. Einer von ihnen war der spätere Vorsitzende der Gemeinde, Heinz Bleicher, der noch 1999, kurz vor seinem Tod in einem ausführlichen Interview von seinem Verfolgungsschicksal berichtete. Heinz Bleicher hatte zunächst in einer Wohnung des Hauses Friedrich-Ebert-Straße 73 gelebt, dem vormaligen Altersheim der jüdischen Gemeinde. Um 1940 war es von den Nationalsozialisten in ein „Ghettohaus“ umfunktioniert worden und diente nun den Überlebenden und Rückkehrern der Region als Notunterkunft und Anlaufstelle. Schon kurz nach seiner Rückkehr aus dem Konzentrationslager hatte sich Heinz Bleicher gemeinsam mit den beiden Rechtsanwälten Gustav Brück und Adolf Wahl sowie seinem Freund Paul Rosenthal tatkräftig und mit Freude am Wiederaufbau der Gemeinde engagiert. Aber der Anfang war schwer, denn der Antisemitismus der Mehrheitsgesellschaft war mit dem Kriegsende nicht erloschen: Im Herbst 1945 und im Mai 1946 wurde der kleine jüdische Friedhof an der Weißenburgstraße geschändet.
Seit Herbst 1945 gehörten zur jüdischen Gemeinde Wuppertal auch Remscheid, Velbert, Solingen, Wermelskirchen, Wülfrath, Heiligenhaus und Radevormwald. Hatten vor der Machtübernahme in Wuppertal rund 3.200 Juden gelebt, waren es bei der Neugründung 1945/46 145 Mitglieder: Menschen, die in Wuppertal untergetaucht waren, in Ghettos überlebt hatten oder aus Osteuropa stammten und von dort in den Westen geflüchtet waren. Der erste Vorsitzende war Gustav Brück (1945-1950), ihm folgten Josef Heimann (1950-1961), Paul Rosenthal (1961-1967), Werner Michels (1967-1968), Heinz Bleicher (1969-1993) und seitdem Leonid Goldberg. Zur Synagoge wurde der Speisesaal des früheren Altersheims an der Friedrich-Ebert-Straße 73 umgebaut, 1964 wurde das Gemeindezentrum an der Aue 82 eingeweiht. 1953 erhielt die Gemeinde den Status einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts zurück, der ihr 1938 vom NS-Staat per Gesetz entzogen worden war.
In der öffentlichen Wahrnehmung spielte die jüdische Kultusgemeinde Wuppertal zu Beginn der 1950er Jahre allerdings nur eine randständige Rolle. Während längst wieder feierliche Heldenehrungen an Kriegsgräbern vorgenommen wurden, die ersten Soldaten in die Wuppertaler Kasernen einzogen, Landsmannschaftsverbände auf großen Veranstaltungen den Verlust der ehemals deutschen Ostgebiete betrauerten und die meisten Deutschen von den Segnungen des beginnenden Wirtschaftswunders profitierten, bleib die kleine jüdische Gemeinschaft im Schatten der gesellschaftlichen Nichtbeachtung. Anteil hatte dabei natürlich auch die von Gemeindemitgliedern aus plausiblen Gründen selbst auferlegte Zurückhaltung. Auf Seiten der meisten nichtjüdischen Deutschen waren es dagegen wohl schlichtes Desinteresse, ein tief sitzendes Verdrängungsbedürfnis und vielleicht auch ein schlechtes Gewissen, die eine größere Aufmerksamkeit für die Belange der Jüdischen Kultusgemeinde verhinderten und persönliche Kontakte blockierten. Erst mit der im November 1959 in Wuppertal gegründeten „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“ gelang es, diese Barrieren zumindest teilweise zu überwinden und eine Brücke zur nichtjüdischen Umgebung zu schlagen. Jedes Jahr am 9. November gedenkt die Jüdische Kultusgemeinde an ihrem 1955 errichteten Mahnmal auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg der so genannten „Reichskristallnacht“ vom November 1938, der auch die beiden großen Synagogen in Wuppertal zum Opfer gefallen sind.
Seit 1994 befindet sich an der Stelle, an der das Elberfelder Gotteshaus gestanden hatte, die Begegnungsstätte Alte Synagoge. Sie erinnert an die Geschichte der Juden in Wuppertal, an die Zeit des Nationalsozialismus in unserer Stadt und an ihren Umgang mit dieser Vergangenheit und leistet durch ihre Arbeit einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen den Antisemitismus, der immer noch und immer wieder die freie und friedliche Existenz jüdischer Nachbarn in Frage zu stellen droht.
Denn das erfreuliche Wachstum der jüdischen Gemeinde seit nunmehr rund 15 Jahren durch den Zuzug von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es ein „deutsches Judentum“ in Wuppertal, wie es bis zur Zeit des Nationalsozialismus mit alle seinen kulturellen, sozialen und intellektuellen Leistungen und Blüten existierte, nicht mehr gibt. Was heute entsteht, ist eine völlig unvorhergesehene, immer wieder überraschende und historisch neue Entwicklung, die zu schützen und zu begleiten die Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt ist.
Bei Fragen zur jüdischen Familienforschung wenden Sie sich bitte direkt an die Begegnungsstätte.
Jüdische Friedhöfe
Auf Wuppertaler Stadtgebiet gibt es insgesamt vier jüdische Friedhöfe: 1810 bereits wurde in Elberfeld an der heutigen Weißenburgstraße ein Friedhof angelegt, der jedoch bald voll belegt war, so dass die Gemeinde 1869 ein angrenzendes Grundstück für eine Erweiterung kaufte. Hier sind u.s. die Eltern Else Lasker-Schülers bestattet. 1894, nachdem die Barmen Juden sich von der Hauptgemeinde mit Sitz in Elberfeld abgespalten hatten, wurde auch in Barmen an der Hugostraße ein Friedhof angelegt. Diese beiden kleinen Friedhöfe sind heute geschlossen und werden nicht mehr von der Gemeinde benutzt. 1896 erwarb die jüdische Gemeinde in Elberfeld einen rund 10.000 qm großen Begräbnisplatz, der heute rund 1000 historische Grabstätten zählt und immer noch belegt und besucht wird. Da jedoch abzusehen ist, dass der Platz auf diesem Friedhof bald nicht mehr ausriechen wird, hat die Gemeinde einen neuen Friedhof mit Friedhofshalle an der Krummacherstraße im Stadtteil Sonnborn angelegt.
Alle Grabstätten jüdischer Bürger und Bürgerinnen in Wuppertal und im Bergischen Land bis zum Jahr 1960 sind in folgender Publikation aufgenommen: Ulrike Schrader: Goldschmidt, Cohn und Mandelbaum. Jüdische Orte im Bergischen Land, Wuppertal 2012
Erinnerungszeichen
Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus hat mittlerweile ihre eigene Geschichte. Davon zeugen in vielen Städten Gedenktafeln, Gedenksteine, Gedenkstätten, die im Laufe der vergangenen Jahrzehnte entstanden sind, nicht selten auf Initiative von Bürgerinnen und Bürgern. Die Begegnungsstätte führt ein möglichst vollständiges Verzeichnis der Wuppertaler Gedenkzeichen, das ständig erweitert wird.
Die Begegnungsstätte führt eine Liste mit allen Gedenkzeichen zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus. Gedenkstätten in Wuppertal